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Stellungnahme zu Bürgerbriefen zum Thema „Griechenland-Hilfe“
Berlin, 10. Mai 2010

Die vielen Zuschriften von Bürgern, die mich zum Thema finanzielle Unterstützung Griechenlands erreicht haben, zeigen, dass die deutsche Beteiligung an der gemeinsamen Unterstützung Griechenlands auf unterschiedliche Vorbehalte und Einwände trifft, die nicht nur verständlich, sondern im Kern auch berechtigt sind. Deutlich wird allerdings auch, dass einige Missverständnisse entstanden sind, die sich mit den folgenden Ausführungen hoffentlich auszuräumen lassen.

Tatsächlich sind wir zur „Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik“ nicht verpflichtet, sondern haben in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob eine solche Aktion im deutschen Interesse liegt. Eben das ist bei der Hilfe für Griechenland der Fall. Denn mit der Zustimmung des Deutschen Bundestages übernimmt Deutschland weder die Schulden noch andere Zahlungsverpflichtungen Griechenlands, sondern stellt zusammen mit den anderen Euro-Ländern die Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedslandes sicher, dessen Bankrotterklärung verheerende Folgen auch und gerade für Deutschland hätte. Ein Ausfall Griechenlands wäre nämlich ein unkalkulierbares und damit unverantwortbares Risiko für die nationalen Finanzinstitute der Eurozone, für die deutsche und europäische Finanzmarktstabilität und für die Funktionsfähigkeit der Wirtschafts- und Währungsunion insgesamt. Allein bei deutschen Banken und Versicherungen ergäbe sich ein massiver Abschreibungsbedarf , da sie in erheblichem Maße (insgesamt 42,2 Milliarden Euro) Gläubiger Griechenlands sind. Zudem profitiert Deutschland als „Exportvizeweltmeister“ in ganz besonderer Weise von der einheitlichen Währung – zum Beispiel indem innerhalb der Eurozone jegliche Wechselkursrisiken entfallen. Das bringt den deutschen Unternehmen Jahr für Jahr Einsparungen von etwa 10 Milliarden Euro allein dadurch, dass sie kein Geld für Kurssicherungs¬geschäfte ausgeben müssen.

Dennoch bliebe die Hilfestellung folgenlos, wenn sie nicht mit konkreten, gravierenden Maßnahmen zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft und der Sanierung des Staatshaushaltes verbunden wird. Entsprechend ist die Auszahlung der rückzahlbaren Darlehen, die Deutschland und die anderen Euro-Staaten gewähren, an strenge Voraussetzungen gebunden, deren Einhaltung genau überwacht wird. Nach Ansicht vieler Experten wird Griechenland die gewährten Kredite im Übrigen durchaus zurückzahlen.

Deshalb war für mich in der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfes entscheidend und unverzichtbar, diese ökonomische und politische Grundlage der beabsichtigten Gemeinschaftsaktion auch rechtlich zur Voraussetzung der Kredite zu machen. Diese klarstellende Ergänzung im Gesetzestext ist nun erfolgt. Sie stellt sicher, dass keine weiteren Kredite zur Verfügung gestellt werden, wenn Griechenland das vereinbarte Anpassungsprogramm nicht erfüllt. Und der Deutsche Bundestag ist stets zu beteiligen. Deswegen konnte ich dem Gesetz schließlich zustimmen.

Darüber hinaus zeigt die Griechenlandkrise, dass die finanzpolitische Abstimmung und die finanzpolitische Disziplin der Euro-Mitglied¬staaten gestärkt werden müssen, um die Eurozone krisenfester und robuster zu machen. Daran muss gerade Deutschland, das so stark von der europäischen Integration und ihrem weitreichendsten Ergebnis und stärksten Symbol, der einheitlichen Währung profitiert wie kaum ein anderes Land, sehr gelegen sein. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben deswegen darauf bestanden, die Ermächtigung der Bundesregierung zur Gewährleistung für Kreditzusagen von rund 22,4 Mrd. Euro an die Voraussetzung der zwischen dem Internationalen Weltwährungsfonds, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und der griechischen Regierung vereinbarten Maßnahmen zu binden und gleichzeitig in einer Entschließung die Erwartung weiterer vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen der internationalen Finanzmärkte zum Ausdruck gebracht. Der Bundestag hat erneut bewiesen, dass er auch in krisenhaften Situationen genau das zu leisten imstande ist, was unsere Verfassung von ihm verlangt: Den gesetzlichen Rahmen für das Handeln der Regierung zuverlässig zu setzen.


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