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Wolf Schneider
Speak German - Warum Deutsch manchmal besser ist
Rowohlt-Verlag, Reinbek 2008


DEUTSCH, DOWNGESIZED




Er hat ja wieder einmal so Recht, wenn er in seinem jahrzehntelangen Einsatz für gutes, verständliches, mindestens ordentliches Deutsch mit seinem neuen Buch gegen die scheinbar unaufhaltsame Flut von Anglizismen antritt, die unsere Sprache weiß Gott nicht immer bereichern.


Wolf Schneider, im Umgang mit Texten erfahrener and erfolgreicher Publizist, langjähriger Leiter der Hamburger Journalistenschule und Bestseller-Autor, belegt an zahllosen Beispielen, dass die Verwendung englischer Begriffe – oder solcher, die dafür ausgegeben werden – in der Regel weder informativ noch notwendig ist. Nicht selten ist der Sprachgebrauch von Managern, Medienmachern wie Politikern durch eine fragwürdige Mischung aus Gedankenlosigkeit, Imponiergehabe und schlichter Albernheit gekennzeichnet. Manche unfreiwillig komische sprachliche Akrobatik scheitert spätestens am Adressaten, darunter auch Dutzende englische Werbeslogans deutscher Unternehmen, die ebenso teuer wie wirkungslos geblieben sind. Inzwischen haben die meisten Firmen begriffen, dass es nicht reicht, die eigene Marketingabteilung zu beeindrucken, wenn deren Sprüche die Kunden nicht begreifen, und sind auf deutsche Texte umgeschwenkt, die nicht immer geistreicher, meist aber verständlicher sind. Erst „downgesized“, jetzt „upgegraded“: ein möglicherweise neuer Trend, der sich aber keineswegs schon durchgesetzt hat.


Wie immer gut informiert und hochgescheit stellt Schneider die aktuellen Entwicklungen der deutschen Sprache in den Zusammenhang früherer ähnlicher Einflüsse durch Latein und Französisch und in den Kontext einer modernen Gesellschaft, die durch Internet und Globalisierung, durch Filmindustrie und Pop-Musik geprägt ist und sich vorzugsweise jeweils englisch ausdrückt. Seine Empfehlung zum Augenmaß und zur souveränen Unterscheidung sinnvoller und unsinniger, unnötiger und unvermeidlicher englischer Begriffe ist grundvernünftig und alles andere als spektakulär, schon gar nicht fundamentalistisch. Dennoch übertreibt der hochangesehene Großmeister der Alltagssprache in seinem Ehrgeiz, in einem schmalen Band zu einem aktuellen Thema möglichst alles unterzubringen, was dafür durchaus von Interesse ist: historische Vergleiche, tabellarische Übersichten deutscher und englischer, gelegentlich auch französischer Begriffe, eigene Analysen und Glossen fremder Autoren, das Leid am leichtfertigen Umgang mit der Kultur bis zum Streit um die Leitkultur, abgerundet durch Forderungen an die Schule und Adressen einschlägiger Einrichtungen, Vereine und Institutionen.


Und so ist das ebenso aufklärende wie unterhaltsame Buch keine richtige Streitschrift geworden und keine vollständige Dokumentation, von allem ein bisschen und nichts ganz. Dabei hätte das eine wie das andere durchaus gereicht.




März 2008


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