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Anne Weber
Besuch bei Zerberus
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004


Wer sich nicht immer, aber immer öfter über die sprachliche Armut und die dürftige Substanz vielgelesener deutschsprachiger Literatur grämt, findet Trost in diesem neuen unspektakulären Buch von Anne Weber. Weder eine Erzählung noch ein Roman, handlungsarm und einfallsreich, überzeugt der Text über Erwachsenwerden und Alleinsein, Traurigkeit und Glücksmomente, Menschen und Landschaften allein durch die sprachliche Eleganz im Umgang mit dem, „was gemeinhin als ‚Wirklichkeit’ geführt wird und als solche so tut, als könnten ihr die Anführungsstriche, die ich ihr wie Ohrklunker rechts und links anhänge, nichts anhaben“. Die Auseinandersetzung der Autorin mit ihrem Vater, dem eigentlichen und dem wirklichen, ist anrührend, aber nie sentimental. Anne Weber schlägt einen großen Bogen zwischen Tag und Nacht, Himmel und Hölle, Heimat und Fremde, Traum und Wirklichkeit. Und wenn sie am Schluß des Buches um Entschuldigung bittet „für einen Anfang, der kein Anfang war, und ein Ende, das kaum das Wort Ende verdient, weil es derart offen ist, daß der Wind hindurchpfeift und der Regen alle geduldig auf ein angemessenes Schlußwort Wartenden durchweicht“, ist der Leser beinahe stolz, keinen Bestseller in der Hand gehabt und im Kopf behalten zu haben.


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